Sehr geehrte Damen und Herren,

gestern (03.06.2020) hat sich die Große Koalition in einem Beschlusspapier auf Eckpunkte für ein weiteres, 130 Mrd. Euro schweres Corona-Konjunkturpaket geeinigt. Nach kursorischer Durchsicht sieht das Beschlusspapier im Wesentlichen folgende Maßnahmen vor:

 

  1. Befristete Senkung der Umsatzsteuersätze

 

Die Steuersätze sollen im Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 31.12.2020 von derzeit 19% auf 16% (bzw. von 7% auf 5%) gesenkt werden. Bedauerlicherweise gehen aus dem Beschlusspapier in diesem Punkt keine weiteren Details hervor. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund zahlreicher Anfragen, die uns bereits in diesem Zusammenhang erreicht haben, unerfreulich.

Einen Praxishinweis haben wir dennoch für Sie: Im Rahmen der Anhebung des Umsatzsteuersatzes im Jahr 2007 wurde damals ein umfangreiches BMF-Schreiben (IV A 5 – S 7210 – 23/06 vom 11.08.2006) veröffentlicht, aus dem sich u.a. Übergangsvorschriften für bestimmte Umsätze ergeben. Sicherlich bietet dieses bereits einen ersten Anhaltspunkt, wie in bestimmten Konstellationen (z.B. Rechnungstellung für 1 Jahr im Voraus) die geplante unterjährige Senkung praktisch umgesetzt werden könnte. Im Einzelfall bietet die Anpassung womöglich Raum für Gestaltungsüberlegungen bei der Fakturierung.

 

  1. Corona-Überbrückungshilfen (Zuschüsse)

 

Nach Auslaufen des Corona Soforthilfe-Programms von Bund und Ländern am 31.05.2020 soll nun zur weiteren Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen ein Programm für weitere Corona-Überbrückungshilfen aufgelegt werden. Dieses kann grundsätzlich branchenübergreifend in Anspruch genommen werden. Den besonderen Gegebenheiten stark betroffener Branchen, wie z. B. dem Hotel- und Gaststättengewerbe oder der Veranstaltungslogistik, soll jedoch laut Eckpunktepapier der Koalition Rechnung getragen werden.

Antragsberechtigt sind kleine und mittlere Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt im April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückläufig waren und deren Umsatzrückgänge voraussichtlich in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauern werden. Umsatzrückgang und fixe Betriebskosten sind durch Steuerberater:innen oder Wirtschaftsprüfer:innen zu prüfen und zu bestätigen.

Im Rahmen von Zuschüssen werden bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 % gegenüber dem Vorjahresmonat bis zu 50 % der fixen Betriebskosten erstattet. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 % können bis zu 80 % der fixen Betriebskosten erstattet werden. Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 150.000 Euro für drei Monate.

 

  1. Weitere Maßnahmen im Überblick

 

Die Fälligkeit der EUSt soll auf den 26. des Folgemonats verschoben werden.

Bisher ist der Verlustrücktrag auf 1 Mio. Euro (bzw. 2 Mio. Euro bei Zusammenveranlagten) begrenzt. Das Beschlusspapier sieht eine Erhöhung dieser Beträge auf 5 Mio. Euro bzw. 10 Mio. Euro für die Jahre 2020 und 2021 vor. Ferner ist vorgesehen, den Verlustrücktrag bereits in der Steuererklärung 2019 geltend zu machen, noch bevor das Jahr 2020 abgelaufen ist und der Verlustrücktrag der Höhe nach final feststeht. Dies soll mittels Bildung einer steuermindernden Corona-Rücklage implementiert werden.

Zudem ist eine degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Veranlagungszeiträumen 2020 und 2021 geplant (Faktor 2,5).

Das Beschlusspapier sieht zudem vor, ein Optionsmodell für Personengesellschaften einzuführen, wonach diese zur Behandlung als Körperschaftsteuersubjekt optieren können. Dies würde dahingehend eine Entlastung bringen, als Personengesellschaften sich einer Steuerbelastung von ca. 30% (KSt zzgl. GewSt) gegenübersehen würden anstelle von derzeit bis zu ca. 45 % (Spitzensteuersatz ESt).

Die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die ESt ist derzeit auf das 3,8-fache des Gewerbesteuer-Messbetrags begrenzt. Unternehmen in Gemeinden mit höheren Hebesätzen als 380% werden somit bislang nicht vollständig entlastet. Das Beschlusspapier sieht vor, die Anrechnung auf das 4-fache des Gewerbesteuer-Messbetrags zu erhöhen. Dies würde Unternehmen entlasten, die sich Hebesätzen von mehr als 380% gegenüber sehen.

Zur Stabilisierung von gemeinnützigen Organisationen legt der Bund für die Jahre 2020 und 2021 ein KfW-Kredit-Sonderprogramm auf. Die Bundesmittel allein sollen eine 80-prozentige Haftungsfreistellung der zu fördernden Maßnahmen gestatten. Durch zusätzliche Mittel des jeweiligen Bundeslandes könnte sich die Haftungsfreistellung auf bis zu 100 % erhöhen.

 

Im nächsten Schritt wird der Bundestag über diese Vorschläge entscheiden müssen. Anschließend muss auch der Bundesrat noch zustimmen. Wir werden die weiteren Geschehnisse weiterhin engmaschig beobachten.

Das Eckpunktepapier der Koalition setzt nur einen kleinen Teil des von Bundessteuerberaterkammer und Wirtschaftsprüferkammer vorgelegten 9-Punkte-Plans um. Lediglich die Erweiterung der Verlustrücktragsmöglichkeiten wurde aufgriffen. Andere Punkte, wie z.B. die Stundung der Lohnsteuer, blieben hingegen ohne Berücksichtigung.

In Anbetracht des Umfangs und der Bedeutung der angekündigten Maßnahmen, werden wir uns kurzfristig wieder an Sie wenden, sobald uns weitere Details bekannt sind.

 

Bleiben Sie gesund!